Am Leben vorbei gebildet.

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Bildung und Ausbildung gehören nicht zwangsläufig zur selben Familie

Mit sechzehn oder siebzehn Jahren wusste ich kolportierte Details um die Schlacht von Gaugamela, wo am 1. Oktober 331 v. Chr. Alexander der Große sein Schwert aus der Scheide zog. Ich war bestens darüber informiert, was man mit einem Zahlengebilde in Form von 3.14159265359 alles Interessantes anstellen kann und die Ordnungszahl w74 untrennbar mit dem Metall Wolfram verbunden ist. Wie ich jedoch eine Überweisung auf der Bank tätige oder mich anstelle, wenn Christina mehr oder weniger unerwartet am Abend meinen Schlafsack auf einem Campingplatz nahe Biarritz öffnet und körpernah die Ratifizierung eines deutsch-schwedischen Abkommens einfordert – davon hatte ich nicht die geringste Ahnung. Kultusminister, wacht endlich auf und reformiert die Lehrpläne.
Oder der Appell an alle Mütter, möglichst frühzeitig dem Sohnemann zu erklären, wie, was zu laufen hat, damit das „erste Mal“ nicht zum Fiasko wird. Väter sind da vollkommen ungeeignet, weil stets auf dem vollkommen falschen Gleis unterwegs!
Ich versuche es mit einer kleinen Erzählung und hoffe dabei inständig, dass die jeweilige Mama auch eine wunderbare Freundin hat.

Nachhilfe mit Thérèse

Der Geburtstag meines Vaters war in vollem Gange, während ich gelangweilt neben der Grillstelle saß und darüber nachdachte, wie viel lieber ich jetzt bei Carmen sein würde, die ich seit Kurzem als das bezeichnen durfte, was ich vorher noch nie gehabt hatte. Nämlich als Freundin, und zwar eine von der Sorte, mit der ich sogar sporadisch, aber wenn – dann ausgedehnt küssen durfte. Auf diese Tatsache und natürlich auf Carmen war ich daher mächtig stolz. Nur nutzte mir das an diesem Abend wenig, da Carmen mit ihren Eltern in Südtirol weilte, während ich im heimischen Garten Löcher in die Luft starrte.

Noch meinen Gedanken nachhängend, bemerkte ich im ersten Moment gar nicht, dass sich jemand direkt neben mich auf den Rasen gesetzt hatte.
»Na Wolfram, warum ganz allein und dazu noch mit einem derart traurigen Gesicht? Hast du keine Lust, zu uns herüberzukommen?«
Es war Thérèse, die sich da zu mir gesellte. Wie bei Personen eines älteren Jahrgangs nicht unüblich, werden gelegentlich Fragen an das Jungvolk verteilt, auf die in Wirklichkeit keine Antwort erwartet wird. Doch hier verhielt es sich anders. Sie schien auf eine Reaktion von mir zu warten. Denn anders konnte ich ihre Miene nicht deuten.

Thérèse ist die beste Freundin meiner Mutter. Damit gleichzeitig erste Ansprechpartnerin für diese, wenn es um Rezepte, Vorteile von Vollwaschmitteln oder anderen überaus lebenswichtigen Dingen geht. Außerdem teilen sie sich die kolossale Leidenschaft für Klatsch und Tratsch. Mit anderen Worten, die beiden schienen in ihrem Alltag richtiggehend ausgelastet zu sein. Hatte Thérèse Stress mit ihrem Mann Martin, lungerte sie sogleich bei uns im Wohnzimmer. Kurze Zeit später war der Sorgenteppich ausgebreitet. Umgekehrt spielt sich mit Sicherheit garantiert Vergleichbares ab.

Doch wie sich an jenem Tag bald herausstellen sollte, lag ich mit meiner Einschätzung, bezüglich ihrer Auslastung, gehörig daneben.

Es bestand meinerseits kein Grund, Thérèse nicht an meinen Zukunftsplänen teilhaben zu lassen. Zudem fiel mir auf, wie aufreizend lässig sie neben mir auf dem Rasen saß. Der hochgerutschte Saum ihres Sommerkleids gab die nackten Oberschenkel frei. Bei jedem Vorbeugen, um nach dem Sektglas zu greifen, das sie sich als Wegration mitgebracht hatte, gewährte sie mir zudem gratis eine tadellose Aussicht auf ihr körpereigenes Mittelgebirge.

»Nein, lieber nicht. Ich habe keinen Bock auf diese Gesellschaft. Ich mache mich hier gleich vom Acker. Mein Job scheint ohnehin erledigt.«
Rückblickend kann ich nicht unbedingt behaupten, Thérèse (vor diesem Beisammensein) in meinen Fundus für erotische Träume oder Imagination einsortiert gehabt zu haben. Dies war außerdem schwer vorstellbar, bei den Themen, die sie allgemein mit in unser Wohnzimmer schleppte. Doch an jenem frühen Abend, neben der Holzkohle, spielten weder Rezepte noch Waschmittel eine Rolle.

Diese Brüste waren aufreizend, nah und unübersehbar. Ein anderes Kaliber als das, was Carmen mir erst ein einziges Mal zum Anfassen erlaubt hatte. Überdies verfehlten die nackten Oberschenkel nicht ihre Wirkung. Meine Vorstellungskraft wagte sich augenblicklich in den euphorischen Bereich. Dazu gehörte zwar damals nicht viel – aber immerhin. Schließlich ernährte ich mich zu der Zeit ausschließlich von dem Erfundenen, Zugetragenen oder Angelesenen.

»Gehst du noch zu deiner Freundin?«

Von wem die Information stammte, dass ich in letzter Zeit mit einem Mädchen liiert war, bedurfte keiner Nachfrage. Kein Problem also ohne Umschweife auf ihre Frage zu antworten:
»Die ist ein paar Tage weg. Ich verziehe mich jetzt in mein Zimmer, höre Musik oder lese noch was.«
Sinnlos, rückblickend zu spekulieren, was im Kopf von Thérèse vorging. Ich hatte keinerlei Plan, welch Gedankengänge sie in meine Nähe trieb.

»Dann möchte ich dich nicht länger aufhalten. Vor allem, wenn die Musik mehr zu bieten hat, als die Unterhaltung mit mir.«

Der Groschen wollte anscheinend bei mir partout nicht fallen. Lieber speicherte die letzten Eindrücke vom mobilen Mittelgebirge und den nackten Oberschenkeln ab. Kaum auf der imaginären Festplatte hinterlegt, erhob ich mich. Eine kleine Hilfestellung meinerseits und Thérèse belastete ebenfalls neuerlich ihre Füße. Wir schlenderten noch nebeneinander bis zur Terrasse, auf der sich nach dem Festschmaus mehrere Grüppchen gebildet hatten. Derweil die Freundin der Gastgeberin sich in Geburtstagsgesellschaft eingliederte, entschwand ich durch die Schiebetür ins Innere des Hauses. Mein Weg führte mich geradewegs in mein kleines Refugium.

Was ich in meinem Zimmer vorfand, überraschte mich nicht. Unordnung und die übliche Tristesse, die sogar mit Musik der leicht verdaulichen Art schwer zu vertreiben ist. Mit Belletristik freilich auch nicht.
Meinem Empfinden nach, schien die ausgelassene Laune auf unserer Terrasse ein Vollbad zu nehmen. Ich kontrollierte dagegen meine innere Festplatte. Bevor indes die abgespeicherten Erinnerungen an die Brüste und die Schenkel das innere Auge erreichten, klopfte es an der Tür.

Von den üblichen Verdächtigen, die sich bis an mein Allerheiligstes wagten, konnte mein Vater sofort ausgeschlossen werden. Mochten die Sorgen um die im Stich gelassene Holzkohle auch noch so groß sein. Der Hausherr klopfte grundsätzlich immer erst, wenn er bereits mitten im Zimmer stand. Natürlich nicht an die Tür. Normalerweise mit der Schuhspitze an das Bettgestell. Meine Mutter verzichtete sogar auf diese Art der Suche nach Aufmerksamkeit. Stattdessen rauschte sie einfach herein. Erst dann fragte sie: »Ich störe doch hoffentlich nicht?«

»Darf ich eintreten oder ist es dir nicht recht?«

Diese Stimme gehörte unzweifelhaft zu der Person, die mir vor wenigen Minuten eine wunderbare Aussicht auf die Topografie eines weiblichen Körpers gewährte. Thérèse zog es offenbar vor, den Tratsch- und Klatschgeschichten auf der Terrasse den Rücken zu kehren. Stattdessen suchte sie erneut die Zweisamkeit mit mir.
»Es ist offen. Komm rein.«
Beim zweiten Versuch der Kontaktaufnahme genügte offenbar nicht mehr das Glas mit Sekt als stummer Weggefährte an der Seite. Es sollte eine angebrochene Flasche und zwei Gläser sein.

In der vorangegangenen, minutenlangen Unentschlossenheit, was die Musik, doch ein Buch oder die Masturbation betraf, hatte ich mich auf mein Bett geschmissen. Außer ratlos an die Decke zu starren, fiel mir nichts Gescheiteres ein.
Es reichte daher in dem Moment vollkommen aus, den Kopf ein wenig zu drehen, beobachten, wie Thérèse ohne gläsernen Ballast, der auf meinem Schreibtisch geparkt wurde, auf mein Bett zusteuerte.

Ohne sich ansatzweise die Mühe zu machen, den Hocker oder den Schreibtischstuhl beizuziehen, parkte sie ihren Hintern auf der Matratze. Peinlichst genau darauf achtend, kein Fitzel meiner Bettdecke als Unterlage einzubeziehen. Beinahe kam ich mir vor wie der Patient im Krankenhaus, wenn in der Besuchszeit die Stühle zur Mangelware werden. Der Moment halt, wenn das Bett gerne zum Sitzplatz umfunktioniert wird.

Es schien nicht notwendig, mein Wissensdefizit mit der Frage abzubauen, was sie bewog, der Gesellschaft, dem Nudelsalat, gar den unproduktiven Gesprächen auf der Terrasse den Rücken zu kehren und stattdessen beim Sohn der Freundin die Bettkante zu belasten. Sie klärte mich, ganz ohne Nachfrage, auf:
»Ich wollte dich vorhin da draußen was fragen. Doch hattest du es plötzlich furchtbar eilig. Dann habe ich mir eben gedacht, warum dir nicht einfach nachzugehen und dich hier in deinem Zimmer zu fragen?«

Durch das leichte Gefälle, das mit dieser seitlichen Belastung auf der Matratze entstand, änderte ich die Körperhaltung. Ich stützte den Kopf auf meine Hand. Im Gegensatz zu der Position draußen auf dem Rasen blieb zwar der begehrte Ausblick in den Ausschnitt des Kleids verwehrt. Dafür lagen die Oberschenkel, gewissermaßen zum Reinbeißen, direkt vor meiner Nase. Diese Blöße nun mit dem Stoff des Sommerkleids zu bedecken, schien in Thérèses Absichten keine vorrangige Rolle zu spielen.

Für mich eröffnete sich schlagartig ein Kopfkino par excellence. Ihr nicht abgearbeiteter Fragenkatalog konnte da nur ablenken. Doch die Frage, die diese Frau mir stellte, ließ mein Interesse an nackten Oberschenkeln von der einen zur anderen Sekunde fast ins Bodenlose stürzen. Der Börsencrash für Frischfleisch schlechthin.

»Magst du gerne küssen?«

Die Frage nach der Lust auf das Küssen brachte in Sekundenbruchteile die Perspektive meiner Weltanschauung ins Wanken, in der Frau Thérèse Becker bisher eine eher untergeordnete Rolle spielte. Meine gesamte Aufmerksamkeit verlagerte sich von den Schenkeln hinauf zu Thérèses Augen. Es hätte durchaus sein können, dass ich mir die Frage nur eingebildet hatte? Ihr erwartungsvoller Gesichtsausdruck schloss jedoch diese Ungewissheit aus.

Hoppla, ich meine, wer küsst nicht gerne?
Natürlich schleichen sich, was dies betrifft, in bestimmten Situationen Ausnahmen ein. Bis zu diesem Tag, genau genommen – jedoch noch nie in meinem jungen Leben.

»Selbstverständlich. Klar küsse ich gerne.«

»Wenn du jetzt noch etwas näher rückst, kannst du es mir sofort beweisen.« Dieser späte Verlauf der Geburtstagsfete barg mehr Überraschungen, als ich es mir je hätte erträumen können. Mit dem momentanen Stand der Dinge war ich überdies weit überfordert. Ganz nebenbei fiel mir auf, nicht ansatzweise nach einer eigenen Meinung befragt worden zu sein.

Es bedurfte andererseits nicht viel Vorstellungskraft, wie das erste körperliche Aufeinandertreffen mit Carmen verlaufen wäre, meiner Bitte zu entsprechen, mir augenblicklich die Techniken des Küssens zu demonstrieren. Das Tal, der absolut Ahnungslosen, wäre möglicherweise noch immer meine Heimat.

Welche Alternativen boten sich mir? Etwa Thérèse darauf aufmerksam zu machen, auf den Imperativ gänzlich zu verzichten? Mich alternativlos höflich zu fragen, ob ich mir den Lippenkontakt mit ihr von A bis Z ausmalen könnte? Planlosigkeit sowie Ahnungslosigkeit mochten bis dahin meine ständigen Begleiter sein. Allerdings mit Sicherheit nicht der irreparable Schwachsinn.

Der Befehl lautete eindeutig: näherrücken. Dem fügte ich mich. Thérèses Hand erhöhte den Druck an meiner Schulter. Folgerichtig lag ich kurz später in der, sportlich gesehen, defensiven Rückenlage. Bei einem Ringkampf wäre spätestens jetzt der Ringrichter eingeschritten, um dem Treiben auf der Matte ein Ende zu setzen. Vom körperlichen Kräftemessen auf der Matratze konnte tatsächlich noch überhaupt keine Rede sein. Ein Abbruch in einer solch frühen Phase wünschte sich unter Garantie auch Thérèse nicht.

Während ich in devoter, trotzdem bequemer Rückenlage liegend, näherte sich ihr Gesicht meinen Lippen. Höchste Zeit, das laut auszusprechen, was mir noch auf der Zunge brannte.
»Eine Sekunde. Ich schließe vorsichtshalber noch die Tür ab. Oder hast du Lust auf ungebetene Zaungäste?«
»Bleib liegen. Das übernehme ich.«

Barfuß huschte die beste Freundin meiner Mutter an die Tür, drehte den Schlüssel, kam jedoch nicht zurück auf die Matratze, sondern steuerte auf den Schreibtisch zu, um etwas Blubberbrause einzugießen. Kaum sprudelte der Sekt in den Gläsern, griff Thérèse an den Saum ihres Kleids. Mit einem kurzen Ruck zog sie sich den Einteiler über den Kopf.

Ich konnte nicht fassen, was hier in meinem kleinen Refugium geschah. Eine Frau stand mir nichts, dir nichts, nur mit einem blütenweißen BH, sowie gleichfarbiger Unterhose, nur ein Meter von dem Bett entfernt, in dem ich lag. Es schien Thérèse nicht die Bohne zu interessieren, was sich gerade in meinem Kopf abspielte. Seelenruhig griff sie nach dem Sekt, lächelte mich an und fragte:
»Möchtest du nicht das unbequeme Zeug ausziehen?«

Während in meinem Kopf alle Synapsen Verbindungsschwierigkeiten verzeichneten, hielt sie mir eines der Gläser entgegen. Sie hauchte es mehr, als zu sagen:
»Dann mal Prost. Auf uns.«

Mein treuester Freund sog gierig Blut aus allen umliegenden Körperregionen. Zur gleichen Zeit forderte er von der Jeans entschieden mehr Bewegungsfreiheit. Mit der Kenntnis über das Gerangel in der Hose konnte ich mich doch unmöglich von dem Stoff trennen, der den strammen Drängler wenigstens einigermaßen im Zaum hielt. Um Zeit zu gewinnen, griff ich nach dem Glas, ließ es kurz an dem anderen Glas erklingen. Erst dann nahm ich einen Schluck.

Kaum hatte sich das Prickeln auf der Zunge gelegt, befreite mich Thérèse von dem gläsernen Behältnis. Alles landete auf den Fußboden. Wie Ballast, der seine Schuldigkeit unter Beweis gestellt hat. Mein T-Shirt samt Jeans schienen nicht mehr vorrangig. Der Kuss, der folgte, machte aus mir schlagartig den größten Entdecker, unter all jenen, die mit ihrer Entdeckerfreude weiter als bis zur Blies vordrangen. Hätte ich realistisch einordnen müssen, was damals in meinem Mund, auch in meinem Kopf abging, Carmen hätte es niemals auf diese ominöse Liste geschafft, zu der mir mein bester Kumpel Klaus immer riet, um im akuten Notstand auf die eine oder andere Dame zurückgreifen zu können. Nicht in den kühnsten Fantasien hätte ich erahnt, welches angenehme Tohuwabohu ein Kuss in der Gefühlswelt anrichten kann.

Das Beste sollte indessen noch kommen. Denn meine Augen konnten schließlich nicht unendlich verschlossen bleiben. Allein die Vorfreude auf das, was da in leichter Verpackung neben mir lag, überrollte alles Dagewesene. Die Illusion, die optische Überflutung ohne feuchte Flecken in der Kleidung hinter mich zu bringen, durfte ich mir getrost mit sofortiger Wirkung abschminken.

Absolute Unerfahrenheit hinterlässt nun mal ihre Merkmale. Auf einen solchen Moment müsste Mann viel intensiver vorbereitet sein. Doch müßig, sich darüber den Kopf zu zermartern, wenn es bereits zu spät ist. Wer sollte zudem erahnen, dass Thérèse inzwischen ihre Passion vom Tratschen zum Küssen hin verlagert hatte?

»Mmh, der war lecker. Deine Freundin kann froh mit dir sein.«

Ich konnte zwar ihren ersten Satz nach einer längeren Pause als Kompliment einordnen. Ob Carmen dies mit vergleichbaren Worten kommentieren würde? Ich bezweifele es stark. Mit diesem, gerade erlebten Kuss im Repertoire, lag bei mir die Vermutung nah, mit meiner Freundin eigentlich zu keiner Zeit wirklich geküsst zu haben.

Mit Carmen nahm das Prozedere einen völlig anderen Verlauf. Nach dem Zweiten, was ich früher als Kuss bezeichnet hatte, startete ich bereits den traditionellen immer wiederkehrenden Versuch, endlich mit meinen Fingern bis zur Unterhose vorzudringen. Klaus hatte mich im Vorfeld auf einen fragwürdigen, theoretischen Stand gebracht, was mich in diesen Regionen erwarten könnte. Doch bisher blieb es eben bei der trockenen Theorie. Carmen gab partout den Zugriff nicht frei.

Sie sei sich meiner Gefühle ihr gegenüber nicht sicher. Erlaube sie mir, ihren intimsten Bereich zu berühren, möchte ich garantiert bald noch mehr.
Nur eine der Hürden, die ich auf dem Weg in die Unterhose zu überwinden hatte. Die Stimme von Meat Loaf verstärkte sich von Mal zu Mal in meinem Kopf, wenn der Kanadier mir seine Erlebnisse aus dem scheinbaren Paradies mit der Beleuchtung des Armaturenbrettes vortrug.

Nur, im Gegensatz zu Meat Loaf, sah ich keinen Beweggrund, davon abzurücken, über das Kapitel mit der ewigen Treue erst einmal in Ruhe nachzudenken. Genau dieser Aspekt machte anscheinend die Hürden bislang unüberwindbar.

»Fühl ruhig, ob ich flunkere oder nicht.«

Wovon redete diese Frau? Wie kann ich überprüfen, ob ein Kuss ein guter Kuss war?
In meiner völligen Ahnungslosigkeit hielt ich daher schlicht und einfach die Klappe. Versuchte gleichzeitig, nur ja den Hautkontakt mit Thérèse nicht zu verlieren. Doch postwendend veranschaulichte sie mir erneut, dass mein Denken oder selbstständiges Handeln weiterhin nicht gefragt war. Sie navigierte meine Hand, ohne ein erklärendes Wort dabei zu vergeuden, genau an den Punkt, wo sie, ihrer Meinung nach, in dem Augenblick hingehörte.

Ehe ich mich versah, schlüpfte meine Hand, unter Mithilfe der resoluten Fremdenführerin, an den Grenzbarrieren vorbei, hinter denen bei Carmen das verminte Gebiet beginnt. Mein Lehrer im Bio-Leistungskurs hatte zwar bereits mehrfach den Versuch gestartet, mein Interesse für Biotope jeglicher Art zu erwecken. Hätte ich damals geahnt, dass sich ein solcher Schatz dort befindet, wo meine Hand von Thérèse hingeleitet wurde, die Weichen für eine Habilitation im Fachgebiet Biologie wären frühzeitig gestellt worden.

Ich blieb artig meiner eingeschlagenen Linie treu. Nämlich dem braven Folgen wortloser Befehle. Nutzte diese Frau meine Planlosigkeit aus? Es könnt in dieser Form ausgelegt werden. Es war eindeutig der falsche Augenblick sich dagegen aufzulehnen, Protestnoten zu verteilen oder schnell im Netz nach der Nummer von Amnesty zu suchen? Zumal die Emotionen in meinem Körper Salsa tanzten.

Einen solchen Tanz genießt man bis zum letzten Takt. Kaum kam unser Kuss auf Betriebstemperatur, hieß es für den Finger im biologischen Thermalbad augenblicklich Abschied zu nehmen. Nicht nur, dass die Abberufung aus dem Paradies überraschend kam. Ich hielt sie sogar für vollkommen übereilt.

Das leichte Sommerkleid schmiegte sich an ihren Körper. Meine Nachhilfelehrerin trat noch einmal ans Bett, beugte sich herab, schenkte mir noch einen zarten Kuss und weihte mich in ihre Planungen für die Zukunft ein:
»Beim nächsten Mal hast du Kondome an Bord. Denn solange ich für den Spaß sorge, kümmerst du dich um die Sicherheit.«



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Ein Henscheidsches Ende! Leider ... :-)

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Hier kann von „leider“ keine Rede sein. Der Ausflug aus der Saarländischen in die Frankfurter Schule ist der Tatsache geschuldet, dass die südwestliche Version @stehaller zum Daueraufenthalt in der Beichtstube (oder wie immer man diese Etagen zwischen Realität und Gehorsamkeit bezeichnen mag) gezwungen hätte.
Wie immer hatte ich die Idee in Worte nieder gesudelt und im Anschluss bemerkt, dass hier Passagen geschwärzt oder einer Veränderung bedürfen. Wenn anschließend noch bei der familieninternen Lektorin die Nackenhaare Betonstärke erreichen, ist es höchste Zeit in der Umarbeitung von Saarbrücken nach Frankfurt zu fliehen.

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Ich möchte hier nur anmerken, dass ich zu den drei Leuten hier auf Hive zähle, die wissen was @leroy.linientreu mit "Henscheidsches Ende" meint.
Er hat mich nämlich zur Lektüre von Die Vollidioten gezwungen.

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Was sind es doch für üble Zeiten! Jetzt muss der Mensch zum Genuss gezwungen werden. Ich hätte Leroy auch zugetraut, dich auf die Suche nach der Mätresse zu schicken, um anschließend dem laufenden Schwachsinn zu verfallen.

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Meine katholische Erziehung machte es mir leider unmöglich bis zum Ende zu lesen.

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Komplett falsch! Ich lebe in Kroatien – und die haben den Katholizismus erfunden. Hier lautet das Erste und auf Ewigkeit unumstößliche Gebot: Zuerst mit Hingabe in der Wonne baden, der Weg zur Beichte steht mir stets offen.
Hast du Interesse an einem katholisch-kroatischen Pass? Ich glaube da einige Verbindungen zu haben....

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Leider zu spät.
Als guter Marxist bin ich bereits mit 14 aus der katholischen Kirche ausgetreten.

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Das schreit ja schon nach Fortsetzung...🥳😂

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Ich will nicht voreilig nein sagen. Aber das lodernde Feuer hier so zu halten, dass es im beherrschbaren Bereich bleibt, dürfte nicht einfach werden.

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Sollte das Feuer ausser Kontrolle geraten, so kannst Du die Security aus Kuwait zur Hilfe holen... ;o)

!BEER

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