Am Ende des Tages hat man die Wahl

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Die Flucht in schöne Gedanken oder das ungläubige Kopfschütteln?

Das heutige Angebot im #Gemischtwarenladen weckt Erinnerungen an die Zeiten, als regelmäßig stets etwas für die geistige Verarbeitung, die Ohren und den Magen zur Verfügung stand.
Zeitweise hatte sich dies insoweit verändert, als meist das Gehör und der Verdauungstrakt geschont wurden. Vielleicht ist auch ein ganz klein wenig das gestrige Unwetter daran schuld, welches am frühen Abend über weite Teile von Slowenien und Kroatien hinweg tobte. Da der Strom frühzeitig ausfiel, blieb mir ein erster Blick auf die angerichteten Schäden in der Natur bis zum frühen Morgen erspart. Als mir dann die ganze Bandbreite des Grauens vor Augen geführt wurde, entschloss ich mich (um auf andere Gedanken zu kommen) erst einmal meinem Schreibtisch einen Besuch abzustatten.

Manchmal fragt man sich, wer wohl der größere Depp ist?

Wer in Zagreb und Umgebung, sich dazu entschließt, aus welchem Grund auch immer, seine Knochen einem Test auf Haltbarkeit zu unterziehen und am Ende einen Scherbenhaufen in sich birgt, der weiß ganz genau, welche Fachwerkstatt für Zerbrochenes er anzusteuern hat. Die Klinik für Traumatologie, mitten im Herzen der Landeshauptstadt.
Soweit die gute Nachricht.

Wie meist bei einer Fraktur, tut sich der Betroffene ziemlich schwer damit, ein Fahrzeug selbst in die Gänge zu bekommen. Somit ist es oft der Freund, die Ehefrau oder jemand aus der Verwandtschaft, der den leise vor sich hin Winselnden vor den Eingang zur Unfallklinik kutschiert. Und dort ist dann endgültig Schluss mit lustig.

Kein Parkplatz weit und breit, kaum auf der Zufahrt zur Notaufnahme das Auto zum Stehen gebracht, um schnellstmöglich nach einem freien Rollstuhl zu suchen, hupt hinter dir bereits der erste Krankenwagen. Nachdem dein Wortschatz an übelsten Schimpfwörtern erschöpft und das Häufchen Elend endlich im Flur zur Notaufnahme angelangt ist, schlägt das Schicksal erst so richtig zu. Eine grobe Schätzung lässt dich erahnen, dass du die nächsten drei Stunden getrost mit deinen Gedanken auf Wanderschaft gehen kannst.

Am vergangenen Samstagnachmittag ereignete sich dann das nun Folgende vor dem Portal und innerhalb des alten Gemäuers jener Fachwerkstatt für Restaurierungen am menschlichen Körper.
Es ist 16:00 Uhr, als eine Limousine sich dem Haupteingang zur Notaufnahme nähert, keinerlei Anstalten zu erkennen sind, dass der Fahrer sich nach einem Parkplatz Ausschau hält, sondern, als sei es das Normalste auf dieser Welt, zu der Absperrkette rollt, hinter der das Klinikpersonal (oder zumindest die mit einem Dr. vor dem Namen) ihre Vehikel in der Regel abstellen. Um dem Fahrer die Zufahrt zu erleichtern, steht bereits ein Mann vom Sicherheitspersonal bereit und befreit die Kette von ihrer eisernen Fessel für den Neuankömmling.

Die Fahrertür öffnet sich und heraussteigt der kroatische Bildungsminister Radovan Fuchs. Was in diesem Augenblick noch keiner der innerlich Zerbrochenen und deren Begleiter, die mehrheitlich seit Stunden auf ein wenig Aufmerksamkeit eines behandelnden Arztes warten und ihre Zeit mit dem Glotzen durch das Fenster zu überbrücken versuchen, dass der Herr Minister keineswegs in beruflicher, sondern zweifelsfrei in privater Mission unterwegs ist.

Es dauert zwei Minuten und Radovan Fuchs flaniert zielstrebig an all den Fenstergucker vorbei, steuert eine für ihn, wie von Geisterhand geöffnete Tür an und begrüßt wenig später den diensthabenden Chefarzt per Handschlag. Es vergehen weitere drei Minuten (belegt durch mehrere übereinstimmende Aussagen von Patienten) und der Schnelldurchlauf des Bildungsministers im Wochenendurlaub endet im Raum für die Röntgenaufnahmen.

Kaum ist diese Prozedur erledigt, kehrt der nun Durchleuchtete zum bereits wartenden Chefarzt zurück. Man hat sich offenbar viel zu erzählen, denn zwischenzeitlich beobachtet das übergangene Volk der Lädierten, wie eine Krankenschwester mit höchster Sorgfalt zwei türkische Mokka auf einem Tablett an ihnen vorbei balanciert. Nach geschlagenen zwanzig Minuten, scheint der Patient von all seinen Qualen befreit, denn er bittet (noch vor seinem Abgang) anwesende Ärzte und Krankenschwestern zum Gruppenbild mit Minister.

Die große Glocke im Turm der Zagreber Kathedrale hatte den Sonntag noch nicht eingeläutet, da wimmelte es im Netz nur so von Augenzeugenberichten zu diesem Ereignis.
Was mich an der gesamten Diskussion allerdings verwundert, ist das Abstimmungsvotum bei der Vergabe für den Titel »Volldepp des Tages«. Mit weitem Abstand führt nämlich hier der Mann, der in Kroatien für Bildung und Kultur verantwortlich ist. Wobei der geistige Tiefflieger im Chefarztkittel, der sogar noch die Frechheit besaß, auf Anfrage der Presse, zu behaupten, es hätte sich um einen Notfall gehandelt, kaum Unterstützer für diesen so begehrten Titel findet. Verdient hätte er ihn allemal.

Anmerkung: Auf der Suche nach einem passenden Namen für den Titel eines Volldeppen, bot mein Kopf mir zahlreiche andere Vorschläge an, die allerdings allesamt in Richtung Gastroenterologie zielten. Sollte sich ein ähnlicher Vorfall zukünftig in deren Unterschlupf abspielen, läge es nahe, ein Körperteil, beginnend mit dem Buchstaben A, als Namenspate zu berücksichtigen.

Am Ende des Tages

Ich kann die sich schleppend annähernde Dunkelheit erahnen.
Ein intensives Gefühl signalisiert mir.
Du bist hier.
Hier irgendwo.
So nahe, dass der Duft deiner Haut
meine Sinnesorgane in Alarmbereitschaft versetzt.
Zum Ausklang des Tages.
An meinem Schreibtisch.
Mehr lungernd als sitzend.
Das Drehbuch meiner Gedankenwelt -
Voll umfassend überlagert von dir.

Winzige Fliegen suchen ganz offensichtlich einen Spielplatz.
Die letzten wärmenden Strahlen der alten Glühlampe genießend.
Dort an der weiß gekalkten Wand,
die der Jungfräulichkeit ihres ursprünglichen Anstriches
längst nicht mehr gerecht wird.
Ein Falter übt sich -
Am in den Abendstunden immer beliebter werdenden Suizid.
Mit einer bemerkenswerten, stoischen Konsequenz -
Lebensrettende Utensilien wie Airbag und Sturzhelm ignorierend.
Wie er in einer beeindruckenden Taktfolge -
Kopf voran, das geschlossene Fenster attackiert.

Die Zeit scheint an mir vorbeizufließen.
Geradezu wie ein kleines Rinnsal nach dem Regen.
Welchen man zwar wahrnimmt.
Aber meist erst dann,
wenn die Füße bereits nass sind.
Ein Schluck vom roten Wein umschließt meine Zunge.
Die ihm typische und mir angenehme Säure bleibt zurück.
Ich übe mich in virtuosen Kapriolen mit meinem Füllhalter.
Zur Gänze abgeschaut bei den alten Hasen.
Es fehlt nur der lang anhaltende Wirbel.
Dieser Klang bespannter Trommeln.
Höchste Zeit, einfach zu vergessen -
Den Trubel der letzten Stunden.
Ich bezeichne es -
Als das Entledigen vom gebrauchten Tag.
Genieße die heranziehende Dunkelheit der Nacht

Und denke ganz fest an dich.

Für die heißen Tage und weil es der Garten gerade so hergibt.

Ich kann nicht einschätzen, wie es sich bei euch verhält, aber an Tagen mit einer beinahe unerträglich lange anhaltender Hitze, ist mir einfach nicht nach einem deftigen Essen. Da der Garten im Moment Salate und Gemüse in Hülle und Fülle liefert, kam mir die Idee zu diesem Gericht.

Zucchini-Küchlein mit einem Potpourri aus Gurke, Feta, Paprika, frische Kräuter und grüner Salat

Für die Küchlein lediglich die Zucchini in feine Streifen hobeln, mit etwas Kräutersalz bestreuen, durchmischen und stehen lassen, bis die Frucht das Wasser abgibt. Die Zucchini-Streifen in einem Sieb vom Saft befreien und in einen etwas “dick” gehaltenen Pfannkuchenteig geben. Unterheben und wie Reibekuchen in Butterschmalz oder Kokosöl ausbacken.
Frisch ausgebackene Küchlein und der kalte, kräftig gewürzte Salat dazu – lecker!

… und, wenn man schon mal dabei ist, kommt es auf eine kleine Zugabe auch nicht mehr an. Zucchini sind griffbereit – was spricht somit gegen ein Brot?

Saftiges Zucchini-Brot (ganz einfach in der Zubereitung)

250 gr. Mehl (Dinkel, Hafer oder Weizen Typ 1080), 1 TL. Backpulver, 1 TL. Salz, 10 gr. Zucker, 50 gr. weiche Butter oder Öl, 120 gr. Apfelmus (für die Variation mit frischem Kaffee, Butter und Marmelade) oder 120 gr. Ajvar (für die deftige Variante), 250 gr. Zucchini-Streifen (nicht entwässern, da die Flüssigkeit für den Teig wichtig ist) und 2 Eier.
Alle Zutaten mit der Hand und nicht zu lange mischen. In eine, mit Backpapier oder eingefettete Backform geben, mit Haferflocken bestreuen und bei Umluft und 175° ungefähr 50 Min. ausbacken. Anschließend im Backofen auskühlen lassen.

Wenn jemand Kapitulation in Worte und Musik umwandeln kann, dann ist dies mit Sicherheit Marlène Colle, die sich im medialen Bereich für den Namen Paula-Paula entschieden hat.
In ihrem neuen Album, welches den charakteristischen Namen »alles kaputt« trägt, folgt sie (wenn man ihren Songtexten Glauben schenken darf) diesem Motto: »Das Leben ist ein kaputtes Gerät, das wir versuchen zu reparieren«.

Paula Paula - Digitale Augen

Ich verabschiede mich für diese Woche, schließe den #Gemischtwarenladen, hoffe jedoch sehr, den einen oder anderen interessierten Kunden beim nächsten Aktionstag begrüßen zu dürfen.



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(Edited)

Die neueste Berliner Urban-Hipster-Musik-Braut kannte ich noch nicht. Danke!
Ganz schöne Stimme, aber irgendwie alman-intellektuell. Das riecht alles nach Niveau.
Das Original, Stereo Total, find ich in dem Genre nach wie vor unerreicht.

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Für alman-intellektuell hielt ich bislang immer die, die mir im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten mitteilen zu gedenken, dass das Ficken einer nicht näher benannten Mutter, aber immerhin die eines unbequemen Zeitgenossen und das Qualmen von Tüten (gefüllt mit was auch immer) aus täglichen Leben nicht wegzudenken sind.
Bei Stereo Total überkam mich immer wieder das Gefühl, als würde Annette Humpe im nächsten Moment aus ihrer Verkleidung springen. Was jedoch nichts mit Abwertung zu tun hat.

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Das Leben ist kein """Gerät""" dementsprechend kann es auch nicht repariert oder optimiert werden.

Dies zu versuchen zerstört lediglich den wenigen Rest Lebendigkeit,

Schau doch Wissenschaft. Transhumanismus. Es geht darum das Menschliche und das Lebendige - also die "Fehler" - abzuschaffen.

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Das Leben ist sehr wohl ein Gerät.
Du übernimmst es im unfertigen Zustand. Und ab dann liegt es an dir, ein funktionierendes Etwas daraus zu gestalten.

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ah daher kommt wohl der Selbstoptimierungswahn

und ehe man sich versieht ist man bereits eine Maschine, eine Drohne, ein Bioroboter
und hat gar keine Chance mehr sich auf diese Erfahrung hier überhaupt einzulassen

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Wer sich nicht mit einem RTW oder Krankentransport beim Knochenbruch in die Klinik bringen lässt hat logistisch bereits die falsche Bahn eingeschlagen und darf sich sicher sein, dass es hierzulande nicht anders ist, es sei denn er schreit vor Schmerzen wie am Spieß...😉

!invest_vote !LUV !PIZZA und !wine

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(Edited)

Bevor man auf dem Land eine halbe Stunde auf den RTW wartet, hat der Nachbar längst den Traktor in Schwung gebracht und den "Gebrochenen" auf den Hänger, auf dem normalerweise die Kälber transportiert werden, in eine einigermaßen stabile Lage gebracht. Ab dann ist nur noch Vollgas angesagt.
Ich selbst habe sogar einen Mann mit einer Oberschenkelfraktur auf der Schubkarre bis nahe seiner Couch in der Küche gekarrt, weil ich ihn nicht noch länger im sappschigen Schnee liegen lassen wollte. Wartezeit auf den RTW - 1 Stunde und 40 Minuten.

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